Um 17.30 Uhr sind wir mit Marinas Familie zum Abendessen in einem Restaurant verabredet. Ich bin wirklich sehr aufgeregt und ein wenig nervös. Zum einen, weil ich mir nicht sicher bin, ob wir übers Englische gut miteinander ins Gespräch kommen können. Zum anderen, weil ich um die endlose Zahl von Fettnäpfchen weiß, in die man als Ausländer in Japan ständig latschen kann. Und ich mag mich (und andere) nicht so gerne blamieren.
Glücklicherweise sind wir die Ersten vor Ort. Das gibt uns Gelegenheit, das als kleine, als Aufmerksamkeit mitgebrachte Marzipan einfach und unkompliziert auf jeden Platz zu stellen.
Wenig später kommt Marinas Familie. Wir werden allen vorgestellt. Mir schwirrt der Kopf vom Who is Who. Eltern, Großeltern, Onkel und Tante, Cousine. Alles ist sehr herzlich. Wir sitzen in einem kleinen, privaten Raum im Restaurant „Ginza Haccho“, das zum Washington Plaza Hotel gehört. Ich freue mich übrigens sehr, dass es hier Stühle gibt und wir nicht auf dem Boden sitzen müssen.
Das nun folgende Menü ist optisch ein Hingucker und kulinarisch ein Genuss. In Japan gilt: „Man ist sich nicht satt, sondern zufrieden.“ Ich mag diesen weisen Spruch.
Tapfer arbeite ich mich in den nächsten drei Stunden durch das Menü und an den Stäbchen ab. Besonders das Zerlegen des Ayu-Fisches ist eine ziemliche Herausforderung. Schließlich soll es ja auf dem Teller nicht nach Schlachteplatte aussehen. 😉
Die verschiedenen Köstlichkeiten sind ausgesprochen frisch, sehr regional und richtig, richtig lecker. Zum Glück sagt uns Marina jeweils, was wir gerade essen. Und für den Blog schreibt sie es mir auch auf. 😉
Ingen Goma-ae (grüne Bohnen mit Sesam), Yomogi Tofu (Tofu mit Ingwer), Wakasagi Sanbaizu (Stint – japanischer Süßwasserfisch – mit Reisessig)
vier Sorten Sashimi (roher Fisch -> Thunfisch, Riesengarnele, Jacobsmuschel und ???)
Ayu Shioyaki (gegrillter Fisch in Salzkruste). Ayu wird in Gifu und Umgebung übrigens traditionell mit Kormoranen gefangen.
Tempura = frittierte Ebi (Garnele), Soromame (Saubohne) und Satoimo (Taro-Wurzel)
Dann wird Hoba Misu (Pilze auf einem Magnolienblatt) mit Wagyu (japanisches Rindfleisch) serviert. Vor uns steht eine Art Stövchen oder Minigrill. Die Brennpaste wird angezündet, das Essen brutzelt gemütlich vor sich hin.
In der Zwischenzeit zeigt das Töchterlein mitgebrachte Fotos aus Neuseeland und wir ein paar aus der Zeit als Marina bei uns in Deutschland war. Das ist kommunikativ und Marina freut sich als ich ihr anschließend die Bilder schenke. Überhaupt erweiset sich mein Magengrummeln vom Nachmittag als unbegründet. Es gibt nette Gespräche auf Englisch und mit dem Töchterlein auf Japanisch und auch wenn wir nicht alles verstehen, ist die Atmosphäre locker und entspannt. Wir fühlen uns sehr herzlich willkommen und ich mich wohl.
Konoshiro (heringsartiger Fisch, sauer eingelegt ) auf Reis.
Und zum Nachtisch ein traumhaftes Matcha-Eis. Ich bin, seit ich es 2007 zum ersten Mal probiert habe, bekennender Fan des Grünteeeises. Hmmm. Wunderbarer Abschluss eines phantastischen Essens.
Was ich irgendwie vergessen hatte: Nach dem Essen bleibt man in Japan nicht mehr sitzen, um noch zu klönen und zu schwatzen, wie das bei uns üblich ist. Mir scheint, man mietet den separaten Raum im Restaurant für die Zeit des Essens und verlässt ihn danach ziemlich schnell.
So besprechen wir noch, wann wir am nächsten Tag im Hotel zur Hochzeit abgeholt werden. Dann verabschieden wir uns und laufen zurück ins Hotel. Dort sinke ich nach einem langen und ereignisreichen Tag ins Bett.
Oh, oh!!! Abgesehen davon, dass ich einen Spatzenmagen habe, da wären aber arg viele (wirklich lecker aussehende!) Gerichte dabei, die ich wohl kaum essen könnte. Na gut, dann gewiss dennoch ausreichend für den kleinen Magen. MUSS man eigentlich alles aufessen, was man serviert bekommt, um den Gastgeber nicht zu beleidigen? Oder werden die Gerichte in Schüsseln serviert und man nimmt sich, so viel/wenig oder gar nichts davon?
Danke für die wundervolle Beschreibung und die entsprechenden Fotos!
LG Ingrid
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Hätte ich die vielen Gänge vorher gesehen, hätte ich auch geschworen, dass ich das alles nie und nimmer schaffe. Aber, da sich das Ganze über ein wenig mehr als drei Stunden verteilte, ging es doch ganz gut. Vor allem wohl auch, weil ich neugierig auf die verschiedenen Dinge war.
Jeder Gast bekommt seinen eigenen Teller mit einer eigenen Portion. Weil ja auch das Auge mit isst und alles so wunderbar angerichtet ist. Das schafft man aus einer großen Schüssel so nicht, glaube ich.
Ich habe beobachtet, dass auch die anderen nicht alles aufgegessen haben bzw. nicht jede Speise auf große Gegenliebe bei allen stieß. Da wurde auch gerne mal etwas an jemanden anderes weiter gegeben oder nicht aufgegessen. Wie geschrieben, es ging am Tisch glücklicherweise nicht stocksteif zu.
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Wow ist das lecker, da hätte ich gerne mitgespeist. Wie aber bekommt man die Riesengarnelen mit Stäbchen aus ihrer Hülle??? Ich glaube, da hätte ich Schwierigkeiten gehabt.
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Ich habe die Garnele mit den Stäbchen geteilt.
Erst gab es das Stück ohne „Panzer“. Danach habe ich die Garnele mit den Stäbchen am Schwanz gepackt und den zweiten Teil herausgezutscht.
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Danke, gute Lösung.
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„Ayu Shioyaki (gegrillter Fisch in Salzkruste). Ayu wird in Gifu und Umgebung übrigens traditionell mit Kormoranen gefangen.“
Und wie überlisten die Japaner die Kormorane, ihre Beute abzugeben? Oder verstehe ich das falsch und die Kormorane werden gleich mitgefangen? 🙂
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Stichwort: Kormoranfischen
-> https://de.wikipedia.org/wiki/Kormoranfischerei
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Kann ich natürlich gerne machen, aber bei dir wäre die Antwort sicher lustiger
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Das wäre ja so, als wenn ich vor so einem schönen gedeckten Tisch sitzen und einen Mundschutz um habe, den ich nicht abnehmen darf
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So eine Menge, un das hast Du alles gegessen?
Ich würde bei der Hälfte schon streiken. Mir gefällt der Spruch „„Man ist sich nicht satt, sondern zufrieden“, aber dem Menü trifft das ja wohl eher nicht zu 😉
Es sieht alles sehr köstlich aus, und ich hätte das auch alles probiert aber nicht die kpl. Menge.
Bei Kormoranen als Fischfänger habe ich ein zwiespältiges Gefühl, ich habe das in China gesehen wie denen der Hals zugebunden war, damit man die Fische entnehmen konnte, besonders tierfreundlich fand ich das nicht, aber was ist schon tierfreundlich, eine hiesige Legebatterie sicher auch nicht.
Sehr schön und informativ Dein Reisebericht, wer lernt Japan schon hautnah privat kennen.
Ich wünsche Dir weiter eine gute Zeit in Japan.
LG
Agnes
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Mit der Kormoranfischerei geht es mir wie Dir. Ich akzeptiere, dass es sich dabei um eine jahrhundertelange Tradition handelt. Aber ich möchte das als Touri nicht live vorgeführt bekommen.
Und ja, ich habe alles gegessen. Tagsüber gab es nur eine kleine Suppe und da die verschiedenen Gänge über drei Stunden verteilt serviert wurden, ging das mit dem Aufessen wirklich gut. Danach war ich allerdings sehr satt und sehr zufrieden.
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So viel zu essen, und den ganzen gegrillten Fisch?
Wie hast du den zerlegt?
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Naja, die Mittelgräte, Kopf und Schwanz habe ich übrig gelassen. Der Rest wurde mit den Stäbchen fein säuberlich filetiert und gegessen.
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Das sieht ja alles verdammt verführerisch und lecker aus. Ich hätte mich da komplett blamiert, meine bisherigen Versuche, mit Stäbchen zu essen, sind kläglich gescheitert.
Die Kormorane tun mir auch leid, aber Traditionen sind nun mal da und gerade wir Europäer müssen uns da tunlichst raushalten.
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Frag nicht. Phasenweise hatte auch ich Angstschweiß auf der Stirn. Manchmal haben die Stäbchen nämlich ihren eigenen Willen und gehorchen meinen Fingern einfach nicht. 😉
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😆 Ich fühle noch im Nachhinein mit dir 😉 .
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Es sieht schon toll aus und war bestimmt lecker. Bemerkenswert finde ich aber auch, dass du dich getraut hast, diese ganzen Photos zu machen.
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Ja, im Nachhinein wundere ich mich auch über mich. 😉
Andererseits wurde das Essen so gelobt, dass wohl jeder am Tisch tolerierte, dass man es als Erinnerungsbild mit nach Hause nimmt, um es dort auch zu zeigen.
Zudem habe ich ja schon im Austauschjahr unsrer Gasttochter sehr viel fotografiert. Ihre Eltern wissen also um mein Hobby.
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Das Essen sieht sehr lecker aus, aber bei manchen würde ich an meine Grenzen stoßen.
So nach: Was der Bauer nicht kennt….
Lg Anett
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Ich bin eine Bäuerin, die zumindest probiert. 😉
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O wie köstlich – und alles wunderschön angerichtet.
Vielen Dank für deinen ausführlichen, sehr persönlichen Reisebericht. Die Fettnäpfchen-Angst verstehe ich gut… wir waren froh, dass wir die doch sehr fremde Tofu-Speisen-Auswahl im buddhistischen Kloster in Koyasan ins Zimmer serviert bekamen.
Guck mal: http://youtu.be/x5kwH-efRh8 (geht sicher auch ohne Eismaschine, halt alle halbe Stunde aus dem Eisschrank nehmen und durchrühren)
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Ich bin eigentlich ganz froh, dass es das Eis hier nicht oder nur sehr selten gibt. Die Hüften und so… Du verstehst? 😉
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mit Staebchen essen, das habe ich auch gelernt. Das sieht gut aus udn fein, dass du es auch geschafft hast.
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das Essen, meinte ich hier, hauptsaechlich
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Es war schon eine Herausforderung. Beides.
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nun bin ich gespannt, auf das hochzeitsmenue 🙂
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Darfst Du sein.
(Da allerdings habe ich wohl vor lauter Aufregung den einen oder anderen Gang nicht geknipst.)
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Köstlich, da läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Obwohl ich natürlich nicht alles kenne. Aber in die Sushi könnte ich mich eh quasi reinsetzen, und überhaupt sieht alles sooo frisch und lecker aus. Und so Low Carb, also auch noch figurfreundlich trotz der Menge…
Der salzkrustige Fisch ist mit Stäbchen sicher eine Herausforderung, denn ich vermute, dass man selbiges eher nicht wie einen Spieß einsetzt (Stichwort Fettnäpfchen) ? 😉
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Das sieht alles sehr lecker aus! Danke für’s Zeigen und die jeweilige Erklärung. 🙂
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Delikat…
Und in anbetracht aller Speissen ein sehr weiser Spruch.
Dieser Spruch überhaupt ist sehr weisse..Das sollte man nachmachen..
Danke fürs zeigen und die Erklärungen..
LG
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