Selten hat man Frau Tonari so hilflos bis dümmlich in einem Fachgeschäft herumstehen sehen wie gestern um die Mittagszeit. Das lag nicht an den 32°C hochsommerlicher Umgebungstemperatur, sondern an ihrer völligen Ratlosigkeit. Sie hat es eben nicht so mit Pflänzchen. Blumensträuße zu kaufen, stellt natürlich für sie kein Problem dar. Aber die Challenge des zur abendlichen Gartenparty Einladenden lautete aufgrund meiner Nachfrage nach einem Mitbringsel: „… freut sich sicher über ein Blümelein im Pott, das man dann in den Garten setzen kann.“ Oha.
Dieser Hinweis kann in echten Auswahlstress ausarten, wenn man a) botanisch völlig unterbelichtet bis ahnungsbefreit ist und b) bisher weder den zu dekorierenden Garten, seine Boden- und Lichtverhältnisse noch die Bepflanzungsvorlieben der Besitzerin kennt.
Frau Tonari mutiert spontan zum innerlichen Gartenzwerg
und entscheidet sich nach diversen gedanklichen Abwägungsrunden für eine Pflanze aus der Familie der Zwergsträucher. Hypericum inodorum magical Beauty ‚Kolmbeau‘ ist ein stadtklimafester, mehrtriebiger Strauch, der keine Ansprüche an den Boden stellt und von sonnig bis halbschattig jeden Standort verträgt. Außerdem ist die Pflanze resistent gegen Rost. Als sie das liest, muss Frau Tonari herzhaft lachen und schließt dieses buschige Grün sofort in ihr ungebildetes Pflanzenherz. Muss das nicht eigentlich Frost heißen, wenn winterhart gemeint ist? Was sich zunächst wie ein witziger Schreibfehler liest, entpuppt sich in der prompten Smartphone-Recherche als pilzlicher Erreger, der gelblich bis rostbraune Flecken auf der Blattoberseite erzeugt und später auf der Blattunterseite rostbraune Pusteln bildet. Na, wenn das kein Shopping mit Wissenzuwachs geworden ist… Jedenfalls darf die Johanniskrautpflanze in den Einkaufskorb.
Das Mitbringsel scheint gut ausgesucht, denn die Herrin des Gärtchens freut sich am Nachmittag sichtlich und hat auch gleich eine Idee, wo das dafür geeignete Pflanzloch ausgehoben wird. Prima.
Herr Tonari gerät zu späterer Stunde über die bei den Gastgebern liebevoll gehegten und gepflegten, unterschiedlichen Tomatensorten so in Verzückung, dass er sich sogleich beim Hausherren ein Vielerlei zur gefälligen Mitnahme erbettelt.
Frau Tonari hingegen übt sich tomatentechnisch in Zurückhaltung, bekommt es aber – zum Glück nur beobachtend – mit der Grabeforke zu tun und darf danach ein paar Kartoffeln ihr eigen nennen. Deren Form und Farbe regt sie am nächsten Morgen prompt zu fotografischem Schabernack an. Leider hat sie sich jedoch bis auf Tannenzapfenkartoffel keinen Namen merken können.
Ach ja. Die Gartenparty war natürlich toll. Wir Tonaris fühlten uns sehr willkommen und äußerst wohl, genossen einen unterhaltsamen Nachmittag und Abend mit netten, anregenden Gesprächen, sehr leckerem Essen und das alles bei prächtigem Wetter.
Danke, liebe Familie Ackerbau.
Für mich als Gartentante ein ausgesprochen amüsanter Artikel. Wenn du einen Garten dein eigen nennst, zumal einen mit Rosen und oder Rhododendron, dann kennst du auch Rost *lach* – und Hypericum geht immer. Vor allem in diesem heißen Sommer. Du hast gut gewählt.
Liebe Grüße
Elke
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Elke, ich habe „nur“ zwei lange Balkone. Das reicht mir/uns. Rosen und Rhododendron züchten wir darauf (natürlich) nicht.
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Da hat Herr Ackerbau aber schon was mehr erntebereit als wir. Ich erkenne gelben Dattelwein (den haben wir auch, bislang genau zwei davon verspeist), ein Ochsenherz (unsere sind noch grün, aber viele), und das direkt unter dem Dattelwein könnte die Sorte sein, von der wir gestern leckere geschmolzene Tomaten zum Lammcarré fabrizierten. Bei Kartoffeln kenne ich mich nicht so aus, haben wir dieses Jahr auch ausgelassen.
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Ich bin ja nicht so der Tomatenfan, war aber sehr berührt von der Großherzigkeit des Tomatenabgebers.
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„Ich bin ja nicht so der Tomatenfan“ ist doch sicherlich die Untertreibung des Jahres 😛
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Ja. ❤
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leckerer Eintrag! Besonders gefallen Müller die rotbackigen Kartöffelchen 😉
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Die roten Wangen sind das Tüpfelchen auf Kartoffelgesicht, nicht wahr?
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Ja, alle anderen sind Sommersprossen oder?
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Nun ja. Die Augenbrauen sind ein wenig verpickelt 😉
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Die könnten statt gezupft weggebürstet werden. Dann verliert wiederum das Charaktergesicht an Charisma.
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Vielen Dank für den Besuch, hat uns auch großen Spaß gemacht… Das Johanniskraut ist schon gepflanzt, das andere Gastgeschenk werde ich noch gesondert würdigen…;-) Und ich freue mich schon aufs gemeinsame Schwammerlsuchen. Die Kartoffeln: Roter Erstling, Aeggeblome (Augen), La ratte (Nase und Mund)… Liebe Grüße, Andreas
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Sag, hast Du je Deine Kartoffeln so inszeniert gesehen?
Fürs Schwammerlsuchen musst Du aber noch ein wenig die wettertechnischen Daumen drücken. Sonst bleibt es beim Suchen ohne Erfolgserlebnisse.
Oder das Pils findet sich anschließend nur in der tonarischen Küche 😉
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La Ratte ????
Oh. Das hast du gestern bestimmt verschwiegen 😆
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Ich gebe zu, ich sollte dich meine Erntefotos machen lassen, die Tomaten sehen gleich viel leckerer aus…
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Das liegt bestimmt am Hackklotz vom Möbelschweden 😉
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Erinnert mich irgendwie an diese Gemüse- Portraits von Signore Arcimboldo. Also bitte weiter üben, üben, üben… 😉
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Jetzt, wo Du es schreibst… 😉
Nee, aber in der Liga des Herrn Giuseppe Arcimboldo werde ich wohl nie spielen.
(Ich kann ja auch nicht malen.)
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Johanniskraut blüht schön gelb.
Die Blüten finde ich immer wieder schön.
Eure Mitbringsel sind ja toll.
Bei Familie Ackerbau wart ihr also, ok.
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Stimmt, die Blüten sind sehr fotogen. Und sie locken Schmetterlinge an.
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Na und das hübsche Schneidbrett !! 🙂
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Fein, dass du das bemerkt hast.
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Ich hätte es erraten, wo Ihr wart: Tomaten und Kartoffeln – wo sonst! Schöne Bilder!
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😉
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ich haette den Gartenzwerg genommen, nicht weil wir einen Garten haben – den haben wir ja nicht, sondern weil er Pfeife raucht, grins.
dein Kartoffelgesicht gefaellt mir, und ich freu mich, dass ihr den Abend so gut verbracht habt
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Mach keine solchen Witze, sonst bringe ich glatt einen mit, wenn ich nach Jerusalem komme 😉
Dir müssen am Sonnabend die Ohren geklungen haben, denn ich sprach lange mit einer netten Frau, die schon mal in Eurer Stadt zu Gast war und hab mir Appetit auf einen Besuch bei Euch geholt.
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liebr keinen Gartenzwerg, dafuer haben wir eigentlich auch auf dem Balkon nicht genug Platz. Ich werde mich sehr freuen, wenn es bei dir mal klappt, zu uns zu kommen.
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Ein wundervolles Gesicht, ich mag so etwas sehr gerne. Vor allem, weil man es auch aufessen kann. Viele Grüße 🙂
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Definitiv kein Essen für Vegetarier. Die futtern nix, was ein Gesicht hat 😀
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Ja, daran denke ich auch oft, wenn ich meine Freutags-Bilder mache. Ich traue mich noch nicht mal mehr Salami-Faces. 😦
😀
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Die kleine Kartoffel rechts oben sieht irgendwie aus wie ein kleines Ungeborenes aus dem Tierreich, oder hab‘ ich zu viel Fantasie???
Mit dem Zwergstrauch hast Du einen guten Griff getan, unsere Nachbarn haben ebenfalls einen, sieht auch im Herbst sehr schön aus und ist unverwüstlich!
Liebe Grüße und eine schöne Woche wünscht Dir/Euch
INGRID, die Bastelmaus
PS: Da fällt mir gerade ein, habe Dir noch immer nicht geschrieben, entschuldige!!!!
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Könnte gut sein, dass es einem Schweinchen in Frühform ähnelt.
(Und wegen des Schreibens mach Dir bloß mal keinen Stress.)
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Liebe Tonari,
so voll aus der Seele gesprochen und dazu noch so amüsant, Danke für diesen Artikel, der mich als Nicht-Gartenbesitzer und Nicht-Blumen/Pflanzenfachfrau ganz besonders anspricht. Ich weiß jetzt, ich bin nicht alleine….
Liebe Grüße und einen guten Wochenstart,
herzlichst
moni
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Danke.
Ich fühle mich ja immer so alleine in Bloghausen, so ohne Garten und mit ganz viel Blümchenunkenntnis 😉 Da ist es schön, wenn Du Dich outest.
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